Die Duchenne-Muskeldystrophie ist eine seltene genetische Erkrankung, die fast ausschließlich bei Jungen vorkommt.1

Hauptsymptom der bislang unheilbaren Krankheit ist eine zunehmende Muskelschwäche, die sich zuerst in der frühen Kindheit zeigt und mit der Zeit verschlechtert.4–6 Daneben können Symptome in Gehirn, Herz, Lunge und Knochen auftreten.7 Verantwortlich dafür ist das Fehlen des wichtigen Strukturproteins Dystrophin.4–6

Die Krankheit wirkt sich stark auf die Lebensqualität und -erwartung aus: Kinder mit DMD haben Schwierigkeiten beim Laufen, Springen und Treppensteigen. Später sind Betroffene auf einen Rollstuhl angewiesen, bedürfen der Pflege, und haben eine deutlich verkürzte Lebensdauer.4–6,8

DMD wird im Schnitt mit knapp 4 Jahren diagnostiziert.

In Deutschland gibt es etwa 1.500–2.000 Betroffene. Weltweit leben ungefähr 300.000 Menschen mit DMD.2,3

In der Regel sind Jungen von der Krankheit betroffen.1

Mehr als 800 verschiedene Formen von Muskelerkrankungen sind bislang bekannt, für die bis heute nur wenige medikamentöse Therapien bereitstehen. Das wollen wir ändern. Unter anderem haben wir eine Gentherapie für Patient:innen mit DMD zur Zulassung bei der EMA eingereicht und forschen weiterhin an therapeutischen Ansätzen für neuromuskuläre Erkrankungen mit dem Ziel, die Lebensqualität und Unabhängigkeit von Patient:innen lange zu erhalten.

Eine Erkrankung, die über die Muskeln hinausgeht.

Die Ursache der Duchenne-Muskeldystrophie ist eine Mutation, d.h. ein Verlust oder eine Veränderung des so genannten Dystrophin-Gens. Dieses Gen ist verantwortlich für die Produktion des Proteins Dystrophin, das eine wichtige Schutz- und Stabilisierungsfunktion der Muskelzellen hat.

Die Mutation führt zu einer reduzierten oder fehlerhaften Produktion des Proteins, so dass es zu einem Mangel an Dystrophin im Muskelgewebe kommt. Die Folge: Der Mangel an Dystrophin löst einen Entzündungsprozess aus, bei dem die Muskelfasern allmählich durch Binde- und Fettgewebe ersetzt werden.9,10

Mit der Zeit kommt es zu einer fortschreitenden Schwäche der Muskeln und letztlich zum Muskelschwund.4-6 Dieser Prozess wirkt sich unmittelbar auf die Lebensqualität und -dauer von Betroffenen aus. Es gibt große genetische Unterschiede zwischen DMD-Betroffenen, und der Krankheitsverlauf kann individuell sehr unterschiedlich sein.11

Bei der Geburt zeigen Kinder mit DMD noch keine Symptome. Erste Anzeichen der Krankheit können aber schon im Kleinkindalter auftreten. Dazu gehören eine verzögerte motorische Entwicklung wie ein watschelnder Gang, Schwierigkeiten beim Krabbeln, Laufen und Treppensteigen, sowie häufiges Stolpern und Hinfallen.13

Die DMD ist durch eine proximal betonte Muskelschwäche gekennzeichnet. Zu Beginn sind vor allem die muskulären Strukturen in der Nähe des Rumpfes betroffen, insbesondere die Oberschenkel-, Becken- und Schultermuskulatur. Dies führt zu typischen Schwierigkeiten wie Problemen beim Aufstehen vom Boden, erkennbar am sogenannten Gowers-Zeichen, bei dem Betroffene sich mit den Händen an den eigenen Oberschenkeln abstützen, um in den Stand zu kommen.13 Auch das Treppensteigen fällt zunehmend schwer, und eine watschelnde Gangart entsteht aufgrund der Schwäche der Hüftmuskulatur. Mit Fortschreiten der Erkrankung breitet sich die Muskelschwäche auch auf die distalen Muskelgruppen aus, was zu einer weiteren Einschränkung der Mobilität in den oberen Extremitäten führt.2,14,15

Im Laufe der Zeit wird der Oberkörper immer unbeweglicher. Zusätzlich wird die Atemmuskulatur schwächer, insbesondere das Zwerchfell und die interkostalen Muskeln, was zu einer fortschreitenden Einschränkung der Atemfunktion und einem erhöhten Risiko für Atemwegsinfektionen führt. Ebenfalls stark betroffen ist der Herzmuskel, was zu lebensbedrohlichen Kardiomyopathien und letztlich zu einer Herzinsuffizienz führt, die Hauptursachen für Komplikationen im späteren Krankheitsverlauf sind. Zur Unterstützung der Atmung wird häufig ein Beatmungsgerät notwendig. Im jungen Erwachsenenalter benötigen die meisten Betroffenen vollständige Pflege.8 Die Lebenserwartung ist deutlich verkürzt: Die meisten Menschen mit DMD sterben in ihren 20er bis 30er Jahren an Herz- und Atemproblemen.4

Neben den Muskeln spielt Dystrophin auch in anderen Geweben und Organen eine wichtige Rolle. Charakteristische Symptome von DMD können deshalb in diesen Bereichen des Körpers auftreten7:

Muskelschwund, Schwäche, Entzündungen, Narbenbildung im Muskelgewebe (Fibrose), bis zum Verlust der Gehfähigkeit im Alter von ~12 Jahren2,8

Zunehmende Schwäche der Atemmuskulatur und Ermüdung des Zwerchfells, bis hin zum Atemversagen – die häufigste Todesursache bei Menschen mit DMD8,17

Muskelschwäche und eingeschränkte Beweglichkeit führen zu Problemen wie Wirbelsäulenkrümmung (Skoliose), Knochenschwund (Osteoporose), Deformierungen (Skoliosen) und Frakturen (Knochenbrüche)15,16

Erkrankung der Herzmuskeln kann zu verminderter Herzfunktion und Herzschwäche führen2

Eingeschränkte geistige Fähigkeiten, z. B. Schwierigkeiten beim Sprechen, mit dem Kurzzeitgedächtnis und beim Merken von Informationen18

Das individuelle Risiko für DMD hängt von den Genen ab.12 In der Regel sind Jungen von der Krankheit betroffen, Mädchen nur sehr selten.1 Das liegt daran, dass das Dystrophin-Gen auf dem weiblichen Geschlechtschromosom liegt, dem so genannten X-Chromosom.

Da Jungen ein X- und ein Y-Chromosom besitzen, haben sie kein Backup-Gen, falls das Dystrophin-Gen auf ihrem X-Chromosom mutiert ist und zu wenig Dystrophin produziert wird. Mädchen haben dagegen zwei X-Chromosomen. Ist das DMD-Gen auf einem ihrer X-Chromosomen mutiert, produziert das andere X-Chromosom ausreichend Dystrophin.12

Die Mutation im DMD-Gen wird X-chromosomal-rezessiv vererbt.12

Eine frühe Diagnose ist unerlässlich, um die Muskelfunktion und Lebensqualität von Betroffenen so lange wie möglich zu erhalten.19 Es gibt noch kein Routine-Screening von Neugeborenen auf DMD.20 Im Schnitt wird DMD mit knapp 4 Jahren mithilfe dieser Methoden diagnostiziert21:

Körperliche Untersuchung: Ausschau nach typischen DMD-Symptomen, wie beispielsweise Watschelgang, motorische Auffälligkeiten, Gowers-Zeichen, Sprachdefizite etc.

Muskelbiopsie: Diese gibt Aufschluss über die Dystrophin-Menge in den Muskelzellen.

Bestimmung der Kreatin-Kinase (CK): Ein Frühsymptom von DMD ist der Anstieg von CK im Blut, so dass die Messung des CK-Spiegels ein Standardtest bei Verdacht auf DMD ist.

Gentest: Dieser erfolgt zur genetischen Ermittlung der exakten Mutation im DMD-Gen.

Aufnahme der Patient:innen- und Familiengeschichte: Diese erfolgt unter anderem zur Bestimmung des Erkrankungsrisikos bei Geschwistern oder Kindern von Überträgerinnen.

DMD ist bislang nicht heilbar, aber bei der Therapie und Pflege wurden in den letzten Jahren Fortschritte erzielt, so dass sich die Lebenserwartung von Betroffenen deutlich erhöht hat.4 Ziel der Behandlung ist die Verbesserung der Lebensqualität und Verlängerung der Lebensdauer über das dritte Lebensjahrzehnt hinaus.13

Grundlage jeder Behandlung ist eine Mischung aus verschiedenen Ansätzen, abgestimmt auf die individuellen Bedürfnisse von Betroffenen. Dazu gehören symptomlindernde Maßnahmen wie Physiotherapie und Atemhilfen, unterstützende Maßnahmen wie Ernährungsberatung und psychologische Betreuung, sowie symptomlindernde und ursachenbekämpfende medikamentöse Therapien.4,13,22-24 Die Versorgung von Patienten mit Duchenne-Muskeldystrophie erfordert eine multidisziplinäre Betreuung, da die Krankheit viele Organsysteme betrifft, darunter auch die Lunge und das Skelettsystem.

Kortikosteroide können beispielsweise helfen, das Fortschreiten der DMD zu verlangsamen. Sie verhindern die Muskelentzündung und bremsen so die Abnahme der Muskelkraft und -funktion. Das kann das Risiko einer Wirbelsäulenkrümmung (Skoliose) senken, und potentiell die Lungen- und Herzfunktion verbessern.5,6,9,23,24 Kortikosteroide sind aber nur begrenzt wirksam und mit starken Nebenwirkungen verbunden.25

Derzeit werden neue Therapieoptionen erforscht, um die Ursache der DMD direkt zu behandeln. Hauptziel dieser kausalen Therapien ist es, dafür zu sorgen, dass der Körper genügend Dystrophin produziert, um das Voranschreiten der Erkrankung möglichst lange zu verzögern. Diese Therapien lassen sich in zwei Gruppen einteilen:

Mutationsspezifische Therapien zielen darauf ab, die Folgen einer genau definierten genetischen Mutation zu mildern. Sie wirken, indem sie die Expression bestimmter Gene modifizieren, um die Produktion von funktionellem Dystrophin zu ermöglichen. Beispiele sind Exon-Skipper- oder Read-through-Medikamente, die aber bei DMD nur für Patient:innen mit bestimmten Mutationstypen geeignet sind.26-28

Gentherapien zielen darauf ab, das defekte DMD-Gen im Körper zu reparieren, zu ersetzen oder neu zu programmieren. Aktuell sind einige Gentherapien in der klinischen Erprobung, und eine Gentherapie ist bereits in einigen Ländern außerhalb der EU zugelassen und wird dort in der klinischen Versorgung angewendet. Diese neuen Therapien bieten Patienten und ihren Familien neue Perspektiven, da sie das Potenzial haben, den Verlauf der DMD zu verlangsamen oder sogar zu verändern. Mit der Einführung dieser innovativen Behandlungsansätze rücken eine mögliche Verbesserung der Lebensqualität und eine Verlängerung der Lebensdauer für DMD-Patienten immer näher.

Der Austausch mit und die Inspiration von Menschen mit der gleichen Krankheit kann helfen, besser mit der eigenen Situation umzugehen. Unter folgenden Links haben sie die Möglichkeit, sich weiter zu informieren und mit anderen Familien ins Gespräch zu kommen:

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  2. Angulski A, et al. Duchenne muscular dystrophy: disease mechanism and therapeutic strategies. Front Physiol. 2023; 14:1183101.

  3. Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke e. V.,
    https://www.dgm.org/muskelerkrankungen/muskeldystrophien-duchenne-und-becker (letzter Zugriff: 17.10.2023).

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