Viele schwere Erkrankungen haben ihre Ursache tief in unseren Genen. Bisher waren sie oft unzureichend oder gar nicht behandelbar, was für Betroffene und ihre Familien eine enorme Belastung bedeutet. Besonders im Bereich der genetisch bedingten seltenen Erkrankungen ist der Bedarf an neuen, wirksamen Behandlungen extrem hoch.
Gerade hier eröffnet die Forschung und Entwicklung von Gentherapien völlig neue Perspektiven: Sie zielen darauf ab, den Fehler direkt an seiner Wurzel – im Erbgut – zu korrigieren. Das ist mehr als nur Symptome zu lindern; es ist die Chance, mit einer einzigen Behandlung Menschen mit oft lebensbedrohlichen Erkrankungen neue Lebensperspektiven zu eröffnen.
Stellen Sie sich unsere Gene als detaillierte Bauanleitungen vor. Sie sagen unserem Körper, wie er lebenswichtige Bausteine, die Proteine, herstellen soll. Diese Proteine sind wie fleißige Arbeiter, die unzählige Aufgaben erledigen, damit wir wachsen, leben und gesund bleiben. Enthält eine dieser Anleitungen jedoch einen Fehler, kann der entsprechende „Arbeiter“ nicht richtig erstellt werden oder fehlt ganz. Das Ergebnis kann eine schwere genetisch bedingte Erkrankung sein, die Lebensqualität und Alltag stark einschränkt - und häufig auch die Lebenserwartung verkürzt.
Gene hat ein Mensch
Millionen Basenpaare sind Bestandteil des größten menschlichen Gens, dem Dystrophin-Gen
Chromosmen in 23 Paaren speichern das menschliche Genom in jeder Zelle
Die Gentherapie setzt genau hier an: Sie versucht, den fehlerhaften Bauplan zu korrigieren oder zu ergänzen, damit der Körper wieder funktionierende Proteine herstellen kann. Wichtig zu wissen:Die heutigen Gentherapien verändern jedoch ausschließlich die Körperzellen der Patient:innen (z. B. Leber-, Blut- oder Nervenzellen). Diese Veränderungen betreffen nur den behandelten Menschen selbst und werden nicht an Kinder weitervererbt.
Es gibt verschiedene Ansätze, die wie hochpräzise Werkzeuge funktionieren. Hier drei Beispiele:
Hier wird eine gesunde, funktionierende Kopie der „Bauanleitung“ (des Gens) zusätzlich in die Körperzellen eingebracht. Diese Kopie kann dann die Aufgabe des defekten oder fehlenden Gens übernehmen. Um die neue Anleitung sicher ans Ziel zu bringen, nutzt man oft speziell entwickelte und modifizierte Viren (wie adeno-assoziierte Viren, AVV) als “Genfähren” oder „Gentaxis“. Diese transportieren die Genkopie dorthin, wo sie gebraucht wird, oft direkt durch eine Injektion in den Körper.
Bei diesem Ansatz wird versucht, den fehlerhaften Abschnitt direkt in der DNA zu „reparieren“. Man spricht hier von Genedditing. Spezielle Werkzeuge, oft als „Genscheren“ bezeichnet (wie die bekannte CRISPR/Cas9-Methode), können den Fehler erkennen, herausschneiden und idealerweise durch eine korrekte Version ersetzen. Manchmal werden dafür Zellen aus dem Körper entnommen, im Labor genetisch verändert und dem Patienten oder der Patientin wieder zurückgegeben. Diese Techniken entwickeln sich rasant weiter und werden intensiv erforscht, um sie für die Zukunft sicher und wirksam zu machen.
Im Gegensatz zum Genersatz oder der Genkorrektur zielt die Genstillegung (auch Gen-Silencing genannt) darauf ab, die Aktivität eines spezifischen Gens zu verringern oder vollständig zu unterdrücken. Dieser Ansatz ist besonders wichtig, wenn eine Krankheit durch ein Gen verursacht wird, das entweder überaktiv ist oder ein schädliches oder fehlerhaftes Protein produziert. Man zielt dabei nicht auf den Hauptbauplan (DNA), sondern stoppt die "Arbeitskopie", die vom Gen gemacht wird. Spezielle Moleküle verhindern, dass diese Kopie genutzt wird, um das schädliche Produkt zu bauen. So wird die unerwünschte Produktion gebremst.
Gentherapien sind längst keine Vision mehr - was vor wenigen Jahren nach Science Fiction klang, kommt heute zunehmend auch in der Versorgung von Patient:innen mit seltenen, genetisch bedingten Patient:innen an. Und die Forschung im Bereich der Gentherapien läuft weltweit auf Hochtouren.
Gleichzeitig steht die Medizin mit den Gentherapien am Anfang eines neuen Innovationszyklus. Und der Fortschritt, den Gentherapien eröffnen, ist absolut kein Selbstläufer. Damit in Zukunft mehr Patient:innen mit schweren Erkrankungen nachhaltig von Gentherapien profitieren können, gilt es bestehende Rahmenbedingungen - von der Forschung über Regulatorik bis zur Versorgung - konsequent auf den Fortschritt für Patient:innen auszurichten. Ein Ziel, das in Deutschland mit der gemeinsam entwickelten Nationalen Strategie für Zell- und Gentherapien angestoßen wurde. Erfahren Sie hier mehr zur
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