Manchmal bedarf es einer Krise, um die Relevanz des Gesundheitswesens zu erkennen. Nicht selten geraten Unternehmen wegen dieser Einstellung in Not. So war es in der Vergangenheit.

vor über 30 Jahren sagte mir ein Politiker: „Wenn ich gewählt werden möchte, muss ich nur auf die Pharmaindustrie schimpfen und ich habe viele Sympathien auf meiner Seite“. Auch wenn es plakativ gemeint war: Mich hat diese Aussage irritiert; hatte ich doch gerade die industrielle Gesundheitswirtschaft als meine „Berufung” gefunden. Eine Branche, die heute in Deutschland über 1,1 Millionen Menschen beschäftigt und Milliarden im Kampf gegen Krebs, Alzheimer und Herz-Kreislauferkrankungen investiert.

Das „Pharma-Bashing” in Teilen der Politik und das mangelnde Verständnis dafür, dass Unternehmen substantielle privatwirtschaftliche Risiken eingehen müssen, damit die Zündschnur der Erfinder in den Laboren brennen kann, hat dazu geführt, dass Zukunftstechnologien „Made in Germany“ zunehmend Seltenheitswert haben. Denn Deutschland ist bürokratisch, analog und immer öfter: unberechenbar. Erst wenn die (Wirkstoff-)Produktion in andere Länder abwandert oder Unternehmen in Not geraten, wird die Politik hellhörig. Erst wenn uns eine globale Pandemie trifft und sich die Regale unserer Apotheken leeren, erkennt die Politik: Wir brauchen diese Industrie. Sie ist gut für Deutschland.

Was ich wiederum verstanden habe, ist: Als Wirtschaftsführer müssen wir unsere Branche besser erklären. Mit dem Start meiner Kolumne im Oktober war dies ein erster Versuch zu einem Zeitpunkt, als sich die internationale Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes weiter verschlechtert hat.

Inzwischen sind unsere Sorgen ernst genommen worden. Das Bemühen aller Wirtschaftsführer, gemeinsam mit der Politik die Rahmenbedingungen zu verbessern, hat Früchte getragen – u. a. in Form der und verschiedener Gesetzgebungsverfahren. Aus diesem Grund ist dies meine letzte Kolumne. Ich habe wieder Vertrauen gewonnen in die in Deutschland. Es war mir wichtig, mit Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, in den Diskurs zu treten – als Vertreter der Wirtschaft und als Bürger.

Von Arzneimitteln, die Krebspatient:innen länger leben lassen oder sogar heilen, bis zu neuartigen Gentherapien wird zwischen Hamburg und München fast alles erforscht und produziert, was moderne Biotechnologie und pharmazeutische Forschung hergeben. Ist Deutschland also nicht nur Auto-, sondern auch Pharmaland?

Es heißt: Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit. Ich bleibe zuversichtlich, dass auf das Erneuerungsversprechen der Politik Taten folgen, die eine echte Willkommenskultur für Innovationen schaffen und unsere Zukunftsfähigkeit sichern.

Autor
Prof. Dr. Hagen Pfundner
Vorsitzender der Geschäftsführung Roche Deutschland Holding GmbH

Dieser Artikel ist am 11.06.2024  in der Kolumne "Ihre Meinung bitte, Hagen Pfundner" in der WELT erschienen.

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