• Digitale Gesundheits-Apps stellen Patienten in den Mittelpunkt der Versorgung, verbessern den Zugang zur Gesundheitsversorgung und verbessern die Patientencompliance.

  • Solche Apps können mehr Gesundheitsdaten erfassen, was den Weg für genauere Diagnosen und individuell zugeschnittene Behandlungsoptionen ebnet.

  • Obwohl Big Data das Potenzial hat, unser Verständnis der menschlichen Gesundheit deutlich zu erweitern, muss die Erhebung dieser Daten stets verantwortungsvoll und unter Einhaltung von Datenschutzprotokollen und Berücksichtigung ethische Aspekte erfolgen.

Die Nutzung digitaler Anwendungen im Gesundheitswesen nimmt zu, und es scheint keine Anzeichen dafür zu geben, dass sich dieser Prozess verlangsamt. Im Jahr 2023 wurden durchschnittlich fast eine Million digitale Gesundheits-Apps heruntergeladen, das sind 42 % mehr als 2019.1 In Bereichen wie Blutdrucküberwachung und Herz-Kreislauf-Gesundheit lagen die Zahlen sogar noch höher: Von 2019 bis 2023 gab es einen beeindruckenden Anstieg von 500 %.1

Digitale Gesundheits-Apps werden nicht nur von Privatpersonen genutzt, sondern verändern auch die Art und Weise, wie Gesundheitsversorgung bereitgestellt wird. Seit dem Jahr 2020 können Ärzte in Deutschland zugelassene digitale Anwendungen2 zur Behandlung verschiedener Erkrankungen wie Endometriose, Diabetes und Depression verordnen.3 Laut einer Umfrage der Organisation for the Review of Care and Health Apps empfahlen im Jahr 2023 im Vereinigten Königreich 60 % mehr Ärzte ihren Patienten digitale Gesundheits-Apps als im Jahr 2022, und 68 % der Befragten sind der Meinung, dass digitale Gesundheits-Apps innerhalb des NHS (National Health Service) genutzt werden sollten.3

Angefangen bei der Interaktion mit Ärzten über virtuelle Termine bis hin zur Verfolgung allgemeiner Gesundheitskennzahlen zur Überwachung von Symptomen oder dem Fernmanagement von Erkrankungen5: Die zunehmende Nutzung von Apps für das Management der individuellen Gesundheit ermöglicht den Patienten, sich über den gesamten Versorgungsweg hinweg stärker zu engagieren.

Aufbauend auf Gesprächen und Erkenntnissen, die von der HealthcareTransformers-Community veröffentlicht wurden, sehen wir uns die digitale Gesundheitslandschaft und ihre Zukunft genauer an.

Ein stärkeres Engagement der Patienten wird als entscheidend für die Verbesserung der langfristigen Gesundheitsergebnisse angesehen. Da die meisten Erwachsenen nur kurze Zeit in Gesundheitseinrichtungen verbringen, sind sie oft auf sich allein gestellt, wenn sie wichtige Entscheidungen über ihre Gesundheit treffen. Daher sollten sie das Gefühl haben, selbstständige und informierte Entscheidungen treffen zu können.6

Da Patienten zunehmend in die Überwachung ihrer eigenen Gesundheit einbezogen werden, suchen sie nach einfacheren, transparenteren und individualisierteren Lösungen. Neue Modelle für die Gesundheitsversorgung werden vor allem basierend auf der Notwendigkeit entwickelt, die patientenzentrierte Versorgung zu priorisieren. Auch die Digitalisierung spielt eine wichtige Rolle. Sami Inkinen, Mitbegründer und CEO von Virta Health, weist darauf hin, dass „Technologie unsere Patientenzentrierung auf drei Arten ermöglicht: Zugänglichkeit durch virtuelle Gesundheit, Aufbau einer Erfahrung rund um den Patienten und rund um die Uhr durch kontinuierliche Fernversorgung und Anhäufung enormer Datenmengen für eine proaktive Versorgung.“

Das vielleicht deutlichste Beispiel dafür, wie digitale Gesundheitslösungen die Zugänglichkeit verbessern, ist das schnelle Wachstum  von Technologien für die Versorgung zu Hause. Mit Hilfe von tragbaren Geräten, die mit dem Smartphone verbunden werden können, lässt sich der Krankheitsverlauf eines Patienten außerhalb des klinischen Umfelds testen und überwachen.  Zusammen mit virtuellen Konsultationen und Online-Apotheken ermöglichen diese Technologien medizinischen Fachkräften, Patienten zu testen, zu überwachen, zu diagnostizieren und zu behandeln, ohne dass diese ihr Haus verlassen müssen. Diese Einfachheit der Patiententests führt zu einer besseren Compliance und letztlich zu besseren Gesundheitsergebnissen.

Ein weiteres Beispiel dafür, wie digitale Tools den Zugang verbessern und die Notwendigkeit von Terminen im Krankenhaus reduzieren können, ist BioTrillion. Das in San Francisco in den USA ansässige Unternehmen nutzt künstliche Intelligenz (KI), um Smartphone- und mobile Gesundheitstechnologie durch digitale Biomarker auf die menschliche Physiologie anzuwenden.

Savan Devani, Gründer und CEO, erklärt: „Allein bei unseren täglichen Interaktionen mit unseren Handys entsperren wir sie mithilfe der Gesichtserkennung hunderte Male am Tag. Jeder dieser Fälle bietet die Möglichkeit, den eigenen Gesundheitszustand zu überwachen. Unsere ‚Healthy Selfie'TM-Technologie erfasst ein kurzes 10-Sekunden-Video Ihres Gesichts und extrahiert fünf wichtige Biomarker: Herzfrequenz, Blutsauerstoff, Pupillenreflex, Augensakkaden und Handtremor. Dies sind klinisch bekannte ‚Vitalzeichen' für die Gesundheit unserer drei wichtigsten Organe: des Herzens, der Lunge und des Gehirns. Ein solcher Ansatz könnte die Patientenüberwachung potenziell revolutionieren und die Notwendigkeit von Klinikterminen oder invasiven Verfahren wie Blutabnahmen verringern.“

Digitale Tools verbessern auch die Patientenversorgung, indem sie eine personalisierte Patientenaufklärung ermöglichen. Die Gesundheitsversorgung kann für Patienten aufgrund von Schwierigkeiten oder mangelndem Verständnis ihrer Behandlungspläne zu Stress und Ängsten führen. Doch neue Technologien bieten Ärzten eine Möglichkeit, diese Informationslücke zu schließen.

Mona Ciotta, Mitbegründerin und Director of Business Development bei Medudoc, erklärt: „Medudoc ermöglicht es Ärzten, innerhalb von Sekunden individualisierte Patientenvideos zu erstellen, wobei gleichzeitig sichergestellt wird, dass die Inhalte den gesetzlichen Vorschriften entsprechen und auf die Bedürfnisse der Patienten zugeschnitten sind.“ Das audiovisuelle Element des Tools ist von entscheidender Bedeutung: Studien haben gezeigt, dass diese Aufklärungsmethode das Verständnis der Patienten, ihre Zufriedenheit und die allgemeine Einhaltung und Compliance in Bezug auf den medizinischen Behandlungsprozess verbessert.7

Die Einführung und Nutzung digitaler Tools hat das Potenzial, die Patientenerfahrung weiter zu verbessern, indem sie den Gesundheitsdienstleistern Zeit spart und es ihnen ermöglicht, sich auf die Versorgung und nicht auf die Verwaltung zu konzentrieren. Die Delegierung der Datenerhebung und administrativer und analytischer Aufgaben an KI und andere digitale Tools sollte den Ärzten mehr Zeit für die Beantwortung von Patientenfragen geben und ausführlichere Konsultationen und Unterstützung bieten.

Ein Bereich der digitalen Gesundheit, der ein deutliches Wachstum verzeichnete, ist der Markt für auf Frauen zugeschnittene Technologien (FemTech), da Frauen zunehmend praktische Produkte und Lösungen zur Unterstützung ihrer gesundheitlichen Bedürfnisse suchen. Diese Produkte liefern nicht nur wichtige Erkenntnisse, die es Frauen ermöglichen, ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden besser im Griff zu behalten, sondern auch Echtzeit-Datensätze zur Frauengesundheit. Daraus resultiert, dass Forscher in einem Bereich, in dem es historisch betrachtet einen enormen Mangel an Daten gibt, wichtige Einblicke erhalten und Erkenntnisse gewinnen.8

Doch die zunehmende Nutzung digitaler Gesundheits-Apps geht über die Frauengesundheit hinaus und kommt der gesamten Bevölkerung zugute. CEO Sundeep Gaba von AllesHealth glaubt, dass zunehmend erkannt wird, dass die Erfassung von Daten und  Erkenntnissen aus der realen Welt entscheidend dazu beitragen wird, bessere Ergebnisse für Patienten, medizinische Fachkräfte und Entscheidungsträger im Gesundheitswesen insgesamt zu erzielen.

Digitale Tools zur Verbesserung der Patientenversorgung bieten zwar ein enormes Potenzial, sind aber nicht immer erfolgreich. Weltweit stehen mehr als 350.000 Gesundheits-Apps zum Herunterladen aus verschiedenen App-Stores zur Verfügung. Nur 110 Apps machen fast 50 % der Downloads aus.5 Laut einem Bericht von Economist Impact aus dem Jahr 2023 nutzen Patienten am ehesten neue Technologien, wenn sie einfach zu bedienen und zu verstehen sind. 37,7 % der Befragten geben an, dass die einfache Bedienung der wichtigste Faktor bei der Entscheidung ist, ob sie ein neues Tool verwenden.9

Die für den „Economist Impact“-Bericht befragten Experten erklärten, dass es immer noch einen größeren Bedarf an  Patientenengagement gibt, da digitale Technologien nicht vollständig oder angemessen angenommen werden, und dass Patienten bei der Nutzung neuer Technologien Unterstützung brauchen.

Weitere wichtige Faktoren für Patienten, die Apps nutzen, sind Privatsphäre und Datenschutz. Obwohl Erkenntnisse aus Big Data enorm hilfreich für die Entwicklung von Forschung und Gesundheitsversorgung sind, müssen Patienten das Gefühl haben, die Kontrolle über ihre eigenen Daten zu haben und von der Freigabe zu profitieren. Die digitale Gesundheitslandschaft verändert sich laufend, da Gesundheitsdienstleister weiterhin die Vor- und Nachteile dieser neuen Technologie abwägen. Eines ist klar: Digitale Gesundheits-Apps sollen die Art und Weise verändern, wie Gesundheitsversorgung bereitgestellt wird, und den Patienten in den Mittelpunkt der Versorgung stellen. Da diese Technologien immer  komplexer werden, wird sich der Gesundheitssektor unweigerlich weiter verändern.

  1. Shah S. (2024) Article available from https://sensortower.com/blog/the-rise-of-healthcare-apps-a-new-era-in-digital-health [Accessed May 2024]

  2. Wangler J. and Jansky M. (2023) Eur J Gen Pract. 29(1), 2186396. Paper available from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC10026738/ [Accessed May 2024]

  3. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. (2024) Available from https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis [Accessed May 2024] 

  4. Lydon C. (2023) Article available from https://www.digitalhealth.net/2023/07/majority-of-public-want-digital-health-apps-to-be-used-in-nhs/ [Accessed May 2024] 

  5. Deloitte. (2021) Article available from https://blogs.deloitte.co.uk/health/2021/10/how-digital-health-apps-are-empowering-patients-improving-outcomes-and-increasing-accessibility.html [Accessed May 2024] 

  6. Krist A et al. (2017) Stud Health Technol Inform. 240, 284-302. Paper available from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6996004/ [Accessed May 2024]

  7. Tom K. and Phang T. (2022). PEC 105, 1878-1887. Paper available from https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0738399122000386 [Accessed May 2024] 

  8. World Economic Forum. (2024) Article available from https://www.weforum.org/agenda/2024/05/womens-health-gap-healthcare/ [Accessed May 2024] 

  9. Economist Impact. (2023) Available from https://impact.economist.com/perspectives/sites/default/files/download/digital-health-barometer-2023_roche_charlie.pdf [Accessed May 2024]

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