• Das Versorgungsmodell des Krankenhauses zu Hause („Hospital in the Home“, HiTH) ist in mehreren Ländern gut etabliert und hat erwiesene Vorteile für Gesundheitssysteme und Patienten.

  • Mangelnder Zugang zu zuverlässiger und Breitband-Internetverbindung könnte ein Hindernis sein, um die Gemeinschaften zu erreichen, die am meisten davon profitieren würden.

  • Diese hochmoderne Kommunikationsplattform sollte „as a service“ angeboten werden und muss mehrere Konnektivitätsoptionen umfassen, um die Herausforderungen für unterversorgte Gemeinschaften zu bewältigen.

Das Versorgungsmodell des HiTHist kein neues Konzept. In Frankreich wurde bereits in den 1950ern eine Version dieses Modells eingeführt. Seither hat sich das Modell in Ländern wie Australien, dem Vereinigten Königreich, Kanada, Israel, Spanien, den USA und anderen etabliert.1 Allein in Australien wurden im Zeitraum 2017–2018 über 595.000 Tage Krankenhausversorgung zu Hause erbracht, was mehr als 5 % der Tage in Akutpflegebetten ausmacht.2

Das Ziel des HiTH-Modells ist es, Kapazitätsprobleme im Gesundheitswesen zu bewältigen, die Effizienz zu steigern, Kosten zu senken und die Patientenerfahrung zu verbessern, indem die Versorgung des Krankenhauses nach Hause verlagert wird. All diese Vorteile haben sich in der Praxis gezeigt. Weitere Vorteile sind ein geringeres Risiko von im Krankenhaus erworbenen Infektionen, eine effizientere Triage und die optimale Nutzung knapper Ressourcen wie Krankenhausbetten und -ausrüstung. Mehrere Studien und Pilotprojekte haben Kosteneinsparungen von 20–40 % im Vergleich zur stationären Versorgung aufgezeigt, die auf Faktoren wie kürzere Krankenhausaufenthalte, weniger diagnostische Tests und eine reduzierte Anwendung sedierender Medikamente zurückzuführen sind.3

Untersuchungen zeigen auch, dass Patienten, die eine HiTH-Versorgung erhalten, ein um 26 % niedrigeres Risiko für Wiederaufnahmen und weniger Einweisungen in die Langzeitpflege haben als Patienten, die stationär im Krankanhaus behandelt werden. Darüber hinaus zeigen sie ein geringeres Maß an Depressionen und Angstzuständen sowie eine höhere allgemeine Zufriedenheit.4

Neben den erwiesenen Vorteilen des HiTH-Modells sind die potenziellen Vorteile für unterversorgte Bevölkerungsgruppen besonders vielversprechend – darunter Menschen in ländlicher Umgebung, Menschen mit geringem Einkommen und ältere Menschen. In den USA zum Beispiel sind erschütternde 80% der auf dem Land lebenden Menschen medizinisch unterversorgt.5 Das HiTH-Modell bietet eine praktikable Lösung, ländlichen Gemeinschaften eine hochwertige Krankenhausversorgung zu bieten und das Risiko krankenhausbedingter Komplikationen bei älteren Menschen deutlich zu senken. 

Patienten, die an einem HiTH-Programm teilnehmen, können von einer kontinuierlichen Überwachung durch ihr Behandlungsteam profitieren. Ermöglicht wird die erfolgreiche Behandlung durch eine Mischung aus persönlichen und Videoterminen sowie einer kontinuierlichen biometrischen Überwachung mittels Telemedizin-Technologien. Technologische Fortschritte wie künstliche Intelligenz (KI), Überwachung und Datenverarbeitung, digitale Gesundheitsplattformen und vernetzte Geräte tragen ebenfalls zur Umsetzbarkeit des HiTH-Modells bei.

Die Vorteile und potenziellen Vorteile des HiTH-Versorgungsmodells sind zwar klar, aber um das Modell tatsächlich erfolgreich umzusetzen, müssen die nicht medizinischen, nicht greifbaren Herausforderungen bewältigt werden, die mit dem Umzug der Krankenhausversorgung in das Zuhause der Patienten verbunden sind. Faktoren wie Patienteneignung und Schulung, Mitarbeiterschulung und notwendige Anpassungen an die häusliche Umgebung müssen berücksichtigt werden.

Die vielleicht wichtigste Komponente ist die Fähigkeit zu effektiver Kommunikation. Zuverlässige Konnektivität ist der Eckpfeiler für die erfolgreiche Verlagerung der Versorgung vom Krankenhaus in das Zuhause und spielt eine entscheidende Rolle für den zeitnahen und präzisen Informationsaustausch zwischen Fachkräften im Gesundheitswesen. Der Zugang zu digitalen Tools und eine gute Internetverbindung sind unerlässlich, um eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Verschiedene Dienstleistungen erfordern ein unterschiedliches Maß an Konnektivität:

Telemedizin: z. B. virtuelle Sitzungen zwischen Patient und Arzt/Ärzten ermöglichen, um den Gesundheitszustand des Patienten, Vitalparameter, Daten, Diagnosen usw. in Echtzeit zu überprüfen – eine zuverlässige, unterbrechungsfreie Verbindung ist für Videoübertragung in hoher Qualität erforderlich

Telemetrie: z. B. Verbinden mehrerer medizinischer Geräte, um die Vitalzeichen und Symptome von Patienten automatisch zu überwachen und hochzuladen und Echtzeitdaten an die zentrale Krankenhausdatenbank zu übertragen – erfordert die Fähigkeit, mehrere Geräte- und Sensorverbindungen auf endlichem Raum zu unterstützen, ohne die Netzwerkleistung zu beeinträchtigen.

Tests: z. B. nicht-invasive Tests wie die Endoskopie (ein Verfahren, bei dem eine Kamera in Tablettengröße in den Darm eingeführt wird, um Anzeichen von Krebs zu erkennen) – erfordert eine hohe Bandbreite und Konnektivität mit minimaler Verzögerung für hochauflösende Aufnahmen und die Synchronisation von Benutzerbewegungen mit Geräteaufnahmen.

Behandlung: z.B . alternative Therapie bei Erkrankungen wie chronischen Schmerzen oder Angstzuständen, die über Augmented Reality (AR)/Virtual Reality (VR) erfolgt, die für Betreuungspersonen einfacher umzusetzen ist – erfordert eine hohe Bandbreite und Konnektivität mit geringer Latenz

Darüber hinaus könnte die Entstehung einer „digitalen Kluft“ bestehende Ungleichheiten im Gesundheitswesen verschärfen, wenn die notwendigen Konnektivitätsanforderungen nicht erfüllt werden. Ausgerechnet jene Gruppen, die am meisten vom HiTH-Modell profitieren würden – ländliche Gemeinschaften, Menschen mit geringem Einkommen und ältere Menschen – haben häufig keinenstabilen, sicheren und leistungsstarken Internetzugangzu Hause, aufgrund von physischen Verbindungsproblemen oder aus Kostengründen. Selbst in einem einkommensstarken Land wie den USA verfügt einer von fünf Haushalten nicht über eine Internetverbindung, wobei 18 % die Bezahlbarkeit als Hindernis nennen.6

Eine disruptive und dedizierte Kommunikationsplattform ist hierfür entscheidend. Sie erleichtert den Zugangs zu ländlichen und einkommensschwachen Gemeinschaften, indem sie eine nahtlose drahtlose Konnektivität für mehrere Geräte, HD-Videokonferenzen und den Echtzeitaustausch großer Datensätze ermöglicht. 

Automatisierte Behandlungsreaktionen: z.B. Überwachung des Blutzuckerspiegels und automatische Insulinabgabe durch Insulinpumpe.

KI-gestütztes Screening: z.B. zur Messung von Patienten-Biomarkern wie Gesichtsausdruck oder Stimme, um auf psychische Erkrankungen zu testen.

AR/VR-fähige Remote-Verfahren: z.B. Behandlungen und Verfahren, die von Rettungsassistenten mithilfe von Krankenhausärzten durchgeführt werden und mit Geräten oder Brillen mit AR-/VR-Funktion möglich sind.

Derzeit sind die Optionen für einen barrierefreien Internetzugang begrenzt, doch es gibt Fortschritte. Drahtlosnetzverbindungen sind zwar nach wie vor die wichtigste Methode für den Breitbandzugang zu Hause, aber drahtlose Breitbandverbindungen werden immer rentabler. Drahtlose 5G-Netze bieten stetig steigende Download- und Upload-Geschwindigkeiten von durchschnittlich über 100 Mbit/s in städtischen und ländlichen Gebieten.7 Diese Technologie unterliegt jedoch den Wetterbedingungen und erfordert eine direkte Sichtverbindung zum Sendemast.

Eine weitere bahnbrechende Technologie, die LEO-Satelliten („Low Earth Orbit“), macht schnelle Fortschritte. Unternehmen wie SpaceX bauen den Starlink Internet Service weiter aus und planen den Einsatz von 42.000 Satelliten. Mit Median-Download-Geschwindigkeiten von rund 79 Mbit/s und Upload-Geschwindigkeiten von 10 Mbit/s bietet Starlink eine überzeugende Alternative, wenn keine Kabel- und Glasfasernetzwerke vorhanden sind.8

Trotz dieser Fortschritte ist es eine Tatsache, dass es nicht die eine Konnektivitätslösung gibt, die für jeden HiTH-Standort geeignet ist. Für die erfolgreiche Umsetzung des HiTH-Modells ist eine sichere, zuverlässige und skalierbare Konnektivität entscheidend. Eine disruptive und dedizierte Kommunikationsplattformlösung, die „as a service“ von einer vertrauenswürdigen Drittpartei bereitgestellt wird, sollte idealerweise die folgenden Komponenten umfassen:

  1. Intelligentes Home-Gateway:

    Robustes, sicheres und intelligentes System, das verschiedene Technologien unterstützt (5G, LTE, Wi-Fi, LEO usw.).

    Stellt automatisch eine Verbindung zum bestmöglichen verfügbaren Netzwerk her, um eine optimale Bandbreite zu liefern.

    Nahtlose Integration in persönliche/lokale Netzwerkgeräte (PAN/LAN) über Bluetooth, Zigbee usw. (z. B. Wearables, Bettmonitore).

  2. Robustes und redundantes Netzwerk:

    Bündelt eine Vielzahl von Kommunikationsnetzwerken, wie z. B. drahtlose Festnetze, LEO von mehreren Betreibern (wie Verizon, AT&T, T-Mobile, Starlink), um eine breitere Abdeckung und Redundanz zu ermöglichen.

    Kann potenziell eine Struktur eines virtuellen Mobilfunknetzbetreibers („Mobile Virtual Network Operator“, MVNO) für eine einheitliche, verstärkte Breitbandverbindung nutzenc

  3. Zero-Trust-Netzwerksicherheit:
    Eine End-to-End-Verschlüsselung schützt sensible Patientendaten (im Ruhezustand, unterwegs, in der Cloud) über mehrere Sicherheitsprotokolle (z.B. VPNs).

    Implementiert strenge Zugriffskontrollen auf der Grundlage definierter Berechtigungen und Protokolle (z. B. Identity and Access Management, IAM).

  4. Network Operations Center (NOC):
    Hochmoderne Einrichtung mit Überwachung und Fehlerbehebung rund um die Uhr zur Gewährleistung einer unterbrechungsfreien Netzwerkverfügbarkeit.

    Proaktive Problemlösung bei Netzwerk- und Geräteproblemen.

  5. Intelligentes Netzwerk mit KI/maschinellem
    Lernen:
    Überwacht und wählt kontinuierlich das beste verfügbare Netzwerk für High-Fidelity-Verbindungen aus.

    Dynamische Anpassung der Bandbreite an die Anwendungs- und Geräteanforderungen.

    Automatische Korrektur für maximale Systemverfügbarkeit und Ursachenanalyse zur schnelleren Problembehebung.

  6. Tool zur Abdeckungsübersicht:
    Aktuelles, interaktives geografisches Informationssystem (GIS) unter Verwendung nationaler Breitbandkarten.

    Liefert genaue Einzelheiten zur Abdeckung und verfügbare Netzwerkgeschwindigkeiten nach Anbieter für jeden Standort, was die Machbarkeitsbewertung des Programms unterstützt.

  7. Benutzeroberfläche und Anwendungsprogrammierschnittstelle („Application Programming Interface“, API):
    Cloudbasierte Plattform mit intuitiver grafischer Benutzeroberfläche („Graphical User Interface“, GUI), die Dashboards für die Verwaltung, Bereitstellung, Abrechnung und Netzwerküberwachung bietet.

    APIs zur nahtlosen Integration mit anderen Anwendungen und Schnittstellen für eine benutzerfreundliche Oberfläche.

Zwar ist eine auf das Gesundheitswesen ausgerichtete Kommunikationsplattform, die helfen soll, die Krankenhausversorgung nach Hause zu verlagern, nicht völlig neu, doch es gibt nur wenige Beispiele für solche Netzwerkangebote. Um das Jahr 2005 versuchte Qualcomm, einen auf das Gesundheitswesen fokussierten Mobilfunknetzwerkdienst namens LifeComm aufzubauen, der aufgrund von Timing und anderen Faktoren leider nicht an Zugkraft gewann.9

Google Fi, der verbraucherorientierte Mobilfunkdienst von Google, umfasst einige der beschriebenen Elemente. So arbeitet Google Fi beispielsweise als virtueller Mobilfunknetzbetreiber mit Datendiensten, die auf zwei Netzwerken basieren – T-Mobile und U.S. Cellular – und nutzt öffentliche WLAN-Netzwerke, sofern verfügbar. Google Fi-kompatible Geräte erkennen automatisch die besten verfügbaren Netzwerkverbindungen und wechseln nahtlos zwischen ihnen, um eine optimale Konnektivität zu gewährleisten. Darüber hinaus bietet Google Fi eine interaktive Netzübersichtskarte, die die an bestimmten Standorten verfügbaren Netzabdeckung und Dienste anzeigt. Zudem verschlüsselt Google Fi Daten über ein virtuelles privates Netzwerk (VPN), wenn es mit einem Netzwerk verbunden ist.10

Im Bereich der öffentlichen Sicherheit finden sich Beispiele für virtuelle Mobilfunknetzbetreiber, die zur Unterstützung geschäftskritischer Dienste erstellt wurden. So hat beispielsweise ASTRID, der auf belgische Notfall- und Sicherheitsdienste spezialisierte Telekommunikationsbetreiber, das mobile Breitbandnetz „Blue Light Mobile“ eingeführt, das mehrere kommerzielle Netze in Belgien und den Nachbarländern nutzt, um eine optimale Versorgung zu gewährleisten.11

Das Versorgungsmodell des Krankenhauses zu Hause („Hospital in the Home“, HiTH) ist eine wichtige Initiative, die das Potenzial hat, den Gesundheitssystemen durch die Behebung von Kapazitätsproblemen, die Steigerung der Effizienz und die Verbesserung der Patientenerfahrung erheblichen Nutzen zu bringen. Damit diese Initiative erfolgreich und flächendeckend umgesetzt werden kann, muss jedoch die entscheidende Barriere der Konnektivität behoben werden. Technologische Fortschritte bieten die neue Chance, eine disruptive und dedizierte HiTH-Kommunikationsplattform zu entwickeln, die nicht nur den Zugang zu unterversorgten Bevölkerungsgruppen ohne zuverlässige Breitbandverbindungen im eigenen Land erweitern, sondern auch als Katalysator für Innovation und den weiteren Ausbau des HiTH-Modells dienen würde.

Wenn Sie mehr von Sangit Rawlley lesen möchten, könnte sein Artikel für Sie interessant sein: The future of mental health: Changes, challenges and success strategies (Die Zukunft der psychischen Gesundheit: Veränderungen, Herausforderungen und Erfolgsstrategien).

  1. World Hospital at Home Community. (2022) Article available from https://whahc-community.kenes.com/mod/forum/view.php?id=1018 [Accessed May 2024]

  2. The Conversation. (2020) Article available from https://theconversation.com/the-hospital-in-the-home-revolution-has-been-stalled-by-covid-19-but-its-still-a-good-idea-130058 [Accessed May 2024]

  3. The Commonwealth Fund. (2024) Article available from https://www.commonwealthfund.org/publications/newsletter-article/hospital-home-programs-improve-outcomes-lower-costs-face-resistance [Accessed May 2024]

  4. Arsenault-Lapierre G et al. (2021) JAMA Netw Open. 4(6), e2111568. Paper available from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8188269 [Accessed May 2024]

  5. NIHCM Foundation. (2023) Available from https://nihcm.org/publications/rural-health-addressing-barriers-to-care [Accessed May 2024]

  6. National Telecommunications and Information Administration. (2024). Article available from  https://www.ntia.gov/blog/2022/switched-why-are-one-five-us-households-not-online [Accessed May 2024]

  7. Opensignal. (2023) Article available from https://www.opensignal.com/2023/09/14/the-us-rural-urban-gap-has-narrowed-for-5g-speeds-but-widened-for-5g-availability[Accessed May 2024]

  8. Ookla. (2023) Article available from https://www.ookla.com/articles/us-satellite-performance-q3-2023#:~:text=LEO%20is%20narrowing%20the%20performance%20gap%20in%20rural%20locations&text=Starlink’s%20performance%20in%20rural%20U.S.%20locations%20stacks%20up%20even%20more,Mobile%2C%20and%20ahead%20of%20Verizon  [Accessed May 2024]

  9. Mobi Health News. (2009) Article available from https://www.mobihealthnews.com/3256/qualcomm-pulls-the-plug-on-lifecomm/ [Accessed May 2024]

  10. Computer World. (2021) Article available from https://www.computerworld.com/article/1709767/google-fi-project-fi.html [Accessed May 2024]

  11. TTCA. (2014) (https://tcca.info/astrid-launches-blue-light-mobile-an-innovative-broadband-data-service/ [Accessed May 2024]

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