Erschienen am {DATE} von {AUTHORS} in den Kategorien {CATEGORIES}

Ist Homebased Sampling nach der Pandemie selbstverständlicher geworden, bildet gar den Grundstein für einen neuen diagnostischen Ansatz? In welchen Bereichen ließe sich Homebased Sampling sinnvoll anbieten? Und welche regulatorischen und technischen Hürden gilt es zu überwinden? Im Rahmen eines Workshops anlässlich der diesjährigen Roche Tage widmeten sich Dr. Mark Fellmann, Implementation Leader Automation, Roche Diagnostics Int. AG und Emmeran Hauser, Produktmanager Lab Automation, Roche Diagnostics Deutschland GmbH diesen Fragen.

Ein Gespräch mit Emmeran Hauser und Dr. Mark Fellmann

Dr. Mark Fellmann

Implementation Leader Automation (Roche Diagnostics Int. AG)

mark.fellmann@roche.com

Emmeran Hauser

Produktmanager Lab Automation
Roche Diagnostics Deutschland GmbH

Emmeran.Hauser@roche.com

Dr. Fellmann, was genau versteht man unter Homebased Sampling?

Mark Fellmann: Beim Homebased Sampling werden Proben, beispielsweise Urin, Stuhl oder Abstriche, zuhause abgenommen, ins professionelle Labor transportiert und dann dort ausgewertet. Dabei muss man Homebased Sampling ganz klar von Home Testing abgrenzen, also Testsystemen, die komplett zuhause durchgeführt werden können, wie wir das von Schwangerschaftstests, Blutzuckertests oder eben jetzt auch den Covid-Tests kennen. Getrieben durch die Pandemie entwickelt sich Homebased Sampling gerade zu einem neuen, sehr interessanten Marktsegment.

So sehen wir jetzt zunehmend auch Systeme für die kapillare Blutabnahme, die von Patient:innen zuhause durchgeführt werden können. Bisher waren solche Blutabnahme-Systeme eher im professionellen Umfeld im Einsatz, besonders in der Pädiatrie oder Geriatrie, wo wir mit geringen Probenvolumina arbeiten müssen.

Wie sieht der Homebased-Sampling-Markt aus? Welche Akteure etablieren sich in diesem Segment?

Mark Fellmann: Der Markt ist sehr divers und wir sehen viele neue Akteure, die nicht zwingend aus der Labordiagnostik kommen. Zum einen sind das Labore, die bereits Sampling-Kits anbieten, um eine patientennahe oder patienteneigene Blutentnahme zu ermöglichen. Daraus ergibt sich ein großer Bedarf an Abnahmesystemen für Kapillarblut, aber auch an Systemen, um die so gewonnenen Proben auszuwerten. Neu am Markt sind nun dezidierte Anbieter von Home-Sampling-Kits, die direkte Vertriebswege zu den Patient:innen etablieren, zum Beispiel über Einzelhändler und Drogerien wie Amazon, Walmart, CVS oder auch DM. Darüber hinaus sehen wir im Krankenhaus oder beim Hausarzt neue Telehealth-Systeme, die im Zusammenspiel mit Homebased Sampling und Home Testing, die Reichweite für Gesundheitsleistungen deutlich verbessern können. Es gibt also eine große Dynamik im Homebased-Diagnostik-Markt mit neuen Anbietern und Vertriebswegen.

Was wird sich in Zukunft für die Labore ändern?

Mark Fellmann: Durch diese dynamischen Entwicklungen ergeben sich neue Anforderungen für uns als Anbieter von diagnostischen Systemen, aber auch für unsere Kunden, die klinischen Labore. In diesem neuen Marktumfeld werden auch sie neue Workflows anbieten müssen. Daraus resultieren vielfältige Bedürfnisse, Herausforderungen und Notwendigkeiten. Deshalb wollen wir auch in den direkten Dialog mit unseren Kund:innen gehen, um die Bedürfnisse besser zu verstehen und entsprechend adressieren zu können.

Herr Hauser, wie wird der allgemeine Trend Homebased Sampling von Kunden bewertet?

Emmeran Hauser: Die Dynamik ist sehr spannend. Im Rahmen unseres Workshops haben wir eine Kurzumfrage durchgeführt (27 Teilnehmende). Einige finden es eher wahrscheinlich, dass sich Hombased Sampling als Trend in Deutschland durchsetzen wird – auf einer Skala von 1 (nicht wahrscheinlich) bis 5 (sehr wahrscheinlich) lag der Durchschnittswert bei 3,4. Eine klare Mehrheit von 59 Prozent bestätigte, dass Homebased Sampling nach der Pandemie selbstverständlicher geworden und der Grundstein für einen neuen diagnostischen Ansatz ist. Tatsächlich beschäftigen sich bereits etwa die Hälfte der Teilnehmenden mit dem Thema und etwa ein Drittel möchte das in Zukunft tun. Dabei waren rund 90 Prozent der Teilnehmenden der Meinung, dass Homebased Sampling die diagnostische Reichweite sinnvoll erweitern kann.

Welche Bereiche oder Indikationen könnten Einsatzbereiche für Homebased Sampling oder Home Testing sein?

Emmeran Hauser: Tatsächlich wurden in der Umfrage nahezu alle Bereiche der Labormedizin in Betracht gezogen. In erster Linie waren das Indikationen, in denen Home Testing oder Home Sampling bereits etabliert ist: also chronische Erkrankungen wie Diabetes oder die Überwachung der Blutgerinnung von Marcumar-Patient:innen, Stuhl- oder Urinproben. Neue Anwendungsbereiche sahen die Teilnehmenden bei Alzheimer mit neuen Biomarkern oder bei neuen Viruserkrankungen. Auch die standardisierte kapillare Blutabnahme und Mikromethoden für die Analytik wie die Tandem-Massenspektrometrie wurden genannt.

Welche technischen Herausforderungen und regulatorischen Hürden wurden identifiziert?

Mark Fellmann: Hier nannten die Teilnehmenden eine große Bandbreite an Themen. Probenmenge und Probenqualität spielten dabei eine zentrale Rolle. Wie kann man zum Beispiel sicherstellen, dass Patient:innen kapillares Blut in ausreichender Quantität, aber vor allem Qualität, selbst abnehmen können. Oftmals werden durch die Abnahmetechnik bei der Kapillarblutgewinnung die Erythrozyten in Mitleidenschaft gezogen, wodurch die Probe hämolytisch wird und somit nicht mehr zur Diagnostik verwendet werden kann. Auch der Transport der Probe ins Labor ist eine Herausforderung. Die Proben müssen ausreichend stabil sein, um eine längere Transportzeit, aber auch Temperaturschwankungen zu überstehen. Ein weiterer wichtiger Bereich sind Datenübertragung und Datenschutz. Die Proben müssen eindeutig den Patient:innen zugeordnet werden können und es braucht belastbare und sichere Verschlüsselungstechniken, um die Daten der Patient:innen zu schützen.

Was müsste die Industrie liefern, um Homebased Sampling als Alternative nutzen zu können?

Emmeran Hauser: Die Wunschliste der Workshop-Teilnehmenden ist lang und enthält sehr konkrete Maßnahmen. Das zeigt, dass unsere Kund:innen sich schon intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Die Einhaltung von Qualitätsstandards bei der Probenentnahme ist zentral, deshalb brauchen wir zuverlässige und gleichzeitig einfache Abnahmesysteme, die auch ältere Patient:innen nicht überfordern. Homebased Sampling setzt zudem eine Grundinformation voraus: Patient:innen müssen die Erfordernisse des Homebased Sampling kennen und sich ihrer Eigen- und Mitverantwortung bewusst sein – dazu benötigen wir gute Schulungsangebote. Wichtig ist auch, die Prozesse im Labor entsprechend zu unterstützen. Das reicht von standardisierten Barcodes bis hin zu Analysegeräten, die sich in die Routineprozesse des Labors einbinden lassen. Es gibt also noch viele Aufgaben zu lösen, bevor wir das Potenzial von Hombased Sampling ausschöpfen können. Wir werden uns weiter intensiv mit dem Thema beschäftigen und möchten mit unseren Kund:innen auch in Zukunft für einen regen Austausch in Kontakt bleiben.

Melden Sie sich zum Newsletter an und erhalten Sie direkt die Neuigkeiten aus der Diagnostik in Ihr Postfach.

Links zu Websites Dritter werden im Sinne des Servicegedankens angeboten. Der Herausgeber äußert keine Meinung über den Inhalt von Websites Dritter und lehnt ausdrücklich jegliche Verantwortung für Drittinformationen und deren Verwendung ab.